Bulgarische Wiedergeburt

Die Bulgarische Nationale Wiedergeburt (bulgarisch Българско национално възраждане, oder einfach Възраждане) war eine Periode des sozio-ökonomischen Wachstums und der nationalen Einigung des bulgarischen Volkes im 18. und 19. Jahrhundert innerhalb des Osmanischen Reiches. Sie ist eng mit der Einbeziehung der Balkanhalbinsel und des Osmanischen Reiches in das allgemein-europäische Wirtschaftssystem verknüpft.[1] Weiter wurde sie durch mehrere gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Reformen innerhalb des Osmanischen Reiches in dieser Zeit begünstigt.

Die Osmanen hatten während der Aufklärung eine eigenständige Fortentwicklung der Bulgaren unterdrückt. Obwohl die Renaissance ihre Anfänge in der Region hatte (siehe z. B. Kirche von Bojana) und kirchenkritische Bewegungen wie die der Bogomilen und Paulikianer verbreitet waren, konnten sich Bewegungen wie die Reformation oder eine bürgerliche Revolution mit dem Vormarsch der Osmanen nicht entfalten. Ihre Ideen waren jedoch durchaus der Bevölkerung bekannt. Die Bulgarische Wiedergeburt hatte im Gegensatz zu den nationalen Bewegungen der Nachbarvölker mit erheblichen äußeren Schwierigkeiten zu kämpfen. Durch die geographische Nähe zu Konstantinopel (bulg. Zarigrad, zu dt. Stadt der Zaren/Sultane), dem Machtzentrum des Osmanischen Reiches, waren die Bulgaren stärker als andere Balkanvölker dem Islamisierungsdruck ausgesetzt. Hinzu kam die Überpräsenz der griechischen Geistlichen als Repräsentanten des christlich orthodoxen Milieus (siehe Millet-System), welche das Alltagsleben regelten. Diese religiöse Prämisse hinderte lange Zeit auch die Schaffung einer ökonomischen Basis für einen gesellschaftlichen Aufstieg.[2] Ab Mitte des 18. Jahrhunderts begann sich ein bulgarisches Kaufmannstum herauszubilden. Das so entstandene Bürgertum verfügte über gute Beziehungen zu den wichtigen Handels-, und Kulturzentren Russlands und Zentraleuropa, wo es auch mit der Aufklärung und modernen Bildungswesen vertraut wurde.[1] Die Anfänge der Bulgarischen Wiedergeburt liegen in Makedonien.[3]

Für den Verlauf der Aufklärungsbewegung erwies sich jedoch eine andere Sachlage als besonders wichtig: die Dominanz der griechischen Kirche und Sprache im 18. und 19. Jahrhundert innerhalb des Osmanischen Reiches. So ist es nicht verwunderlich, dass von der ersten Generation der bulgarischen Intellektuellen viele an griechischen Schulen ausgebildet wurden: Neofit Rilski in Melnik, Iwan Seliminski in Kydonies, Konstantin Fotinow in Plowdiw, Christaki Pavlovič in Melnik und Serres, Rajno Popovič in Thessaloniki, Chios und Bukarest, Emmanuil Vaskidovič in Melnik, Sophronius von Wraza in Kotel. Die Anfänge der Bulgarischen Wiedergeburt sind also weniger in der direkten Abgrenzung zum Osmanentum, sondern vielmehr in der bewussten Distanzierung vom griechischen Einfluss zu suchen, der in allen Lebensbereichen präsent war. Der später resultierende politische Unabhängigkeitskampf richtete sich jedoch gegen den osmanischen Staat.[2]

Wichtige Impulse kamen aus den Emigrationszentren – von den Städten nördlich der Donau (Brăila, Bukarest), von den bulgarischen Kolonien in den großen Handelszentren (Odessa, Smyrna, Konstantinopel) und den bulgarischen Klöstern (Rila, Zografou und Chilandar).

In der Vergangenheit wurde der Beginn der Periode mit dem Erscheinen (1762) des ersten geschriebenen bulgarischen Geschichtsbuchs von Paisi Hilendarski „Istorija Slawjanobolgarska“ („Slawobulgarische Geschichte“) und die Dauer mit über ein Jahrhundert bis zur Befreiung und Gründung des Fürstentums Bulgarien 1878 als Folge des Russisch-Türkischen Befreiungskrieges datiert. Heute sind jedoch die Chroniken der katholischen Priester Blasius Kleiner (1761) und vor allem das erst 2017 vollständig entdeckte Werk von Petar Bogdan (spätestens 1667) bekannt.

  1. a b Torsten Szobries: Sprachliche Aspekte des nation-building in Mazedonien, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1999, S. 44ff, ISBN 9783515076227
  2. a b Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer, S. 152
  3. Nina Janich, Albrecht Greule: Sprachkulturen in Europa: ein internationales Handbuch, Gunter Narr Verlag, 2002, S. 29

© MMXXIII Rich X Search. We shall prevail. All rights reserved. Rich X Search